Mediensucht ist ein weit verbreitetes Phänomen: Laut der „JIM“-Studie verbringen Jugendliche in Deutschland im Schnitt 224 Minuten, also fast 4 Stunden täglich, im Internet. Umso wichtiger ist es, Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und Jugendliche für die Risiken der Mediennutzung zu sensibilisieren.
Aus diesem Grund fand am 10. September 2024 ein Fachkräfteaustausch zum Thema „Medienkompetenz und Suchtprävention“ im Zuge des Tags der offenen Tür des DRK Pirna statt. Auch „Die gläserne Stadt“ war an diesem Tag mit dabei. Ab 09:00 Uhr trafen die ersten Teilnehmenden, unter denen sich Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen wie der Schulsozialarbeit oder Sucht- und Familienberatung befanden, ein. Erwartet wurden wir von einem Buffet mit Tee, Kaffee sowie Keksen und anderen Leckereien, die auch die letzte Morgenmüdigkeit verscheuchten.
Risikofaktoren und Behandlungsmöglichkeiten
Der Einstieg erfolgte durch zwei aufschlussreiche Vorträge, die einen tieferen Einblick in die Materie boten und den anschließenden Austausch inspirierten. Der erste Vortrag thematisierte den aktuellen Forschungsstand zur Mediensuchtprävention. Dabei wurden unter anderem die Risikofaktoren und Ursachen einer Mediensucht angesprochen.
Wir erfuhren, dass Jugendliche, die ein Suchtverhalten aufweisen, oftmals das Internet nutzen, um der Realität zu entfliehen oder diese zu kompensieren. Dieses Verhalten wird vor allem durch diverse alltägliche Stressfaktoren wie häusliche Gewalt, Mobbing oder Angstzustände begünstigt. Weiterhin kann auch durch ständige Erreichbarkeit und die Schnelllebigkeit von Online-Trends die sogenannte „FOMO“ – Fear of Missing Out, also die Angst, etwas zu verpassen – ein Suchtverhalten im digitalen Raum begünstigen. Dass Apps wie Instagram oder TikTok beständig Algorithmen verfeinern, die dazu dienen sollen, die Konsumierenden so lang und oft wie möglich vor dem Bildschirm festzuhalten, trägt ebenfalls negativ zu einem Suchtrisiko bei.
Sollte eine digitale Abhängigkeit bei Jugendlichen, Kindern oder Erwachsenen auftreten, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Behandlung.
Diese brachte uns der zweite Vortrag näher. Wir erfuhren, dass Therapiemöglichkeiten für Betroffene vielfältig sind und entweder stationär oder ambulant erfolgen können. Um die passende Behandlung zu finden, ist es wichtig, dass der Schweregrad des Suchtverhaltens von einer Expertin eingeschätzt wird. Dies kann zum Beispiel durch das Verfahren „AICA S – Assessment of Internet and Computer Game Addiction“ eingeleitet werden. Sollte eine stationäre Behandlung erforderlich sein, umfasst diese einen Zeitraum von mindestens 8 Wochen. Eine ambulante Behandlung kann mithilfe von Therapie in Gruppen- oder Einzelgesprächen stattfinden und kann zwischen 6 und 12 Monaten andauern.
Ziel der Behandlungen ist es, die Personen wieder dauerhaft in Gesellschaft, Familie und Berufe einzugliedern und eine autonome Medienmündigkeit zu erreichen. Daher finden auch nach der Therapie weitere Nachsorgegespräche statt, die auch Angehörige wahlweise wahrnehmen können.
Präventionsansätze im Dialog
Im Dialog der Fachkräfte wurden die aus den verschiedenen Berufsfeldern bewährten Methoden zur Prävention einer problematischen Mediennutzung bei jungen Menschen diskutiert und gemeinsam unter anderem folgende Ansätze und Perspektiven entwickelt:
Um Jugendliche und Kinder vor den Fängen der Sucht zu schützen, müssten mehr Präventionsangebote in der Schule, aber auch außerhalb dieser stattfinden. Auch Eltern haben eine große Verantwortung gegenüber ihren Kindern; für diese Altersgruppe sind Weiterbildungsangebote daher ebenso relevant und bedeutend. Das Verteilen von Material wie Flyern und Selbsttests an Eltern kann helfen, die Gefahr schnellstmöglich zu erkennen und zu behandeln. Bei der Arbeit mit Jugendlichen ist vor allem das Begegnen auf Augenhöhe wichtig sowie das Einbeziehen persönlicher Erfahrungen; bei der Arbeit unter Fachkräften die Vernetzung und der Austausch.
Ausblick
Pünktlich um 12:00 Uhr endete der angeregte Austausch. Anschließend öffnete das Deutsche Rote Kreuz Pirna seine Türen auch für die Öffentlichkeit. Kinder und Erwachsene hatten die Möglichkeit, die Erziehungs- und Familienberatungsstelle kennenzulernen und sich über deren Angebote zu informieren.
Wir bedanken uns beim DRK Pirna für die Möglichkeit, neue Erkenntnisse zu gewinnen und miteinander ins Gespräch zu kommen, sowie für die Einladung und Organisation. Wir freuen uns schon auf das nächste Mal!
JIM-Studie 2023: https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2022/JIM_2023_web_final_kor.pdf